Die Orgeln in der Evangelischen Stadtkirche zu Freudenstadt

Zur Geschichte der Orgeln

1599 Herzog Friedrich I. von Württemberg lässt Freudenstadt als neue Residenzstadt errichten, um von hier aus seine französischen Besitztümer (Riquewihr, Montbéliard u. a.) besser überwachen zu können. Hofbaumeister Heinrich  Schickhardt plant eine regelmäßige Stadtanlage um einen quadratischen Marktplatz, dessen Mittelpunkt ein großes  Residenzschloss bilden soll. Dieses wird jedoch nie gebaut, da Friedrich 1608 stirbt und seine Nachfolger diesen Plan nicht weiter verfolgen.
1601-1608Bau der Stadtkirche als prächtiger Winkelhakenbau im Renaissance-Stil: Zwei etwa gleich große Kirchenschiffe treffen rechtwinklig aufeinander und bilden so eine Ecke des Marktplatzes. Im Schnittpunkt der beiden Schiffe entsteht der Altarraum.
1604In der Werkstatt des blinden Stuttgarter Orgelmachers Conrad Schott (1561-1631) steht eine Orgel ohne feste Bestimmung. Nach einem in Kassel aufgefundenen Briefwechsel könnte es sein, dass Schott dieses Instrument dem kunstsinnigen und als Musiker und Komponist bekannten Landgrafen Moritz von Hessen angeboten hat, der jedoch auf das Angebot nicht reagierte.
1606Herzog Friedrich kauft Schotts Orgel und lässt sie gegen dessen ausdrücklichen Willen in die noch baufeuchte Freudenstädter Kirche bringen. Sie wird an den akustisch günstigsten Ort gestellt, an dem heute die nach Schott benannte Chororgel steht. Das überaus kostbar verzierte Instrument hängt, gehalten von zwei versteckten Eisenstangen, als sog. „Schwalbennest“ an der Wand und ragt etwa vier Meter ins Ostschiff hinein. Es ist durch einen außen an der Kirche befindlichen Treppenturm zugänglich. Schon nach kurzer Zeit sind wegen der hohen Luftfeuchtigkeit im noch nicht ausreichend getrockneten Raum erste Reparaturen fällig.
02. Mai 1608 Die erste Predigt in der Stadtkirche, in der die gesamte Kirche mit ihren Kunstwerken – darunter auch die Orgel – beschrieben und theologisch gedeutet wird (Die Predigt liegt gedruckt vor). Möglicherweise ist die Orgel in diesem Gottesdienst auch erstmals öffentlich gespielt worden.
1770 

Aus diesem Jahr ist die Disposition des Instruments überliefert:

  • Prinzipal 8 Fuß von Zinn
  • Quint 6 Fuß
  • Coppel oder Octave 8 Fuß von Holz
  • Flöte 4 Fuß von Holz
  • Quint 3 Fuß von Holz
  • Flöte 2 Fuß von Holz
  • Super-Octave 1 Fuß von Holz
  • Mixtur 3fach 1 Fuß von Metall
 
1848 Nach mehrfachen Umbauten und Reparaturen wird die Schott-Orgel abgerissen und verkauft. Das Gehäuse verbleibt in Freudenstadt und wird im städt. Museum aufbewahrt, wo es 1945 verbrennt. Carl Gottlob Weigle (Echterdingen) baut ein neues Instrument mit 20 Registern auf 2 Manualen und Pedal. Als Standort wählt er die Empore über der Innenecke der Kirche.
1937 Das Instrument erhält einen elektrischen Spieltisch in der Nähe des Altars.
16./17.04. 1945Das Zentrum Freudenstadts, und damit auch die Stadtkirche, wird durch französischen Artilleriebeschuss völlig zerstört. Nach Ende des Krieges ist die Stadtkirche das erste Gebäude, mit dessen Wiederaufbau begonnen wird.
1950/51 Die Firma Weigle stellt eine neue Orgel in die wiederhergestellte Kirche: 30 Register (von geplanten 40, die es aber nie werden), verteilt auf Hauptorgel (wieder auf der Empore über den Innenecke) und „Schottorgel“ an der klanggünstigen Südwand.
1970er JahreDer Orgelstandort erweist sich immer mehr als unbefriedigend, so dass man mit den Planungen für einen Neubau an anderer Stelle beginnt.
1981/82 Die Firma Tzschöckel (Althütte-Fautspach) erstellt eine neue Kombination aus zwei Orgeln: „Schott-Orgel“ am alten Orgel-Platz an der Südwand und „Hauptorgel“ am Ende des Nordschiffs. Entwurf der Orgelgehäuse: Dr. Walter Supper. Disposition: Dr. W. Supper, KMD Hans-Georg Seibt, KMD Gerhard Schmid, OBM Reinhard Tzschöckel. Zudem erhält die Stadtkirche als Continuo-Instrument ein Orgelpositiv der Firma Tzschöckel.

2006/07

 

 

 

Nach 25 Jahren erfolgt erstmals eine Hauptausreinigung und Generalüberholung der beiden großen Orgeln durch die Erbauer-Firma. Dabei wird eine neue Setzeranlage mit 10.000 Speichermöglichkeiten auf 10 Ebenen (davon 9 nur per Zahlen-Code zugänglich) zu je 1.000 Setzern eingebaut.

2008


2013

An Weihnachten 2008 erklingt erstmals der (mit Spenden finanzierte) neue Zimbelstern in der Schott-Orgel.

Das Orgelpositiv der Firma Tzschöckel wird im Sommer 2013 ausgereinigt und nachintoniert und erhält bei dieser Gelegenheit - aus Mitteln des Fördervereins MUSICA SACRA - eine Transponiervorrichtung, so dass sowohl ein halber Ton tiefer (415 Hz, barocker Kammerton) als auch ein halber Ton höher (465 Hz, barocker Chorton) als in der heute üblichen Stimmung (440 Hz, moderner Kammerton) musiziert werden kann.

 

Dispositionen der Orgeln in der Stadtkirche

Informationen über die Dispositionen der Orgeln in der Stadtkirche können Sie hier als PDF-Datei herunterladen. Das Dokument enthält auch den obigen geschichtlichen Abriss.

Orgeln der Stadtkirche [PDF]